Alte Sachen habe ich schon immer geliebt

Manuela Pecoraro, Gründerin der Heimeran Manufaktur

Manuela Pecoraro, Gründerin der Heimeran Manufaktur

Werkstatt der Heimeran Manufaktur

Werkstatt der Heimeran Manufaktur

Brief von 1902

Hier hat meine Oma dazu geschrieben, dass der Bruder meines Großvaters Adalbert Heimeran als 18-jähriger gefallen ist.

Meine erste Vintagesache habe ich mir mit 13 von meinem Taschengeld auf einem Flohmarkt gekauft. Eine Jugendstilgarderobe mit einem schon blinden Spiegel. Ich mag es, wenn die Dinge schon eine Geschichte haben, male mir aus, was sie wohl erlebt haben könnten…Eigentlich bin ich gelernte Journalistin und interessiere mich leidenschaftlich für vergangene und fremde Welten. Für eine Maschine, die in der Zeit reisen kann, würde ich dem Teufel vielleicht meine Seele anbieten. Ich bin in der Schweiz aufgewachsen, habe in Amerika und Italien gelebt. Zwei Jahre lang bin ich in Kairo in die neue und alte Welt des Orients eingetaucht. Ich bin außerdem Mutter von zwei Töchtern. Und das schon eine Weile. Und das so richtig gerne.

Das Haus über dem See

Mein zweites Leben hat mit einem Ende begonnen. 70 Jahre hat meine Familie Heimeran in einem Haus über dem See gewohnt. Mein Großvater Ernst Heimeran, der den Heimeran Verlag gründete, hatte es in den vierziger Jahren gekauft. Nach seinem frühen Tod war meine Großmutter die Hausherrin. Und ich bei ihr zu Besuch alle Sommerferien. Sie hat in mir die Liebe zu den Dingen aus der Vergangenheit geweckt. Weil sie zu jedem Möbel, jeder Tasse, jeder Lampe und jedem Bild eine Geschichte zu erzählen wusste.

Die Schatzkiste

Dann nach ihrem Tod viele Jahre später, musste das Haus verkauft werden. Wir hatten in der Familie schon alle Sachen verteilt und einige Zeit später ging ich nochmal hin, um mich alleine und in Ruhe zu verabschieden.

Das Haus war schon schmerzlich leer. Nur auf einem zurückgelassenen Tisch stand eine mittelgroße Kiste aus Mahagoni-Holz, die ich noch nie gesehen hatte, die auch nicht zur Disposition stand, als all die kleineren und größeren Besitztümer im Kreise der Familie verteilt wurden. Sie stand einfach da, wie aus dem Nichts. Ich öffnete sie natürlich und traute kaum meinen Augen, meinem Herzen. Die Kiste war randvoll gefüllt mit Erinnerungsstücken aus der Vergangenheit meiner Familie. Über 100 Jahre alte Tanzkarten, Briefe, Passagierlisten, Menükarten, Hochzeitsanzeigen, Zeugnisse, Telegramme, Visitenkarten, Tischkarten, getrocknete Blümchen, Haarlocken, Glückwunschbillets, Postkarten, alte Photographien.

Liebevoll gehütete Zeugnisse unendlich lang vergangener Zeiten aus dem Leben meiner Ururgroßväter, Ururgroßmütter oder Ururgroßtanten. Manchmal hatte meine Oma mit ihrer feinen Handschrift etwas dazugeschrieben, wie bei meinem Großonkel Adalbert, der einen wunderschönen Brief an seine Mutter, meine Urgroßmutter geschrieben hatte. 1915 ist er als 18-jähriger in Frankreich gefallen…

Ich weiß nicht, wie diese Kiste in dem leergeräumten Haus auf diesen Tisch gekommen ist und wo sie all die Jahre war. Bis heute ist unklar, wie sie dahin gekommen ist. Klar ist nur, dass meine Großmutter Margrit Heimeran sie sorgsam aufbewahrt hat und alle Familienmitglieder einverstanden waren, dass ich sie behalten darf. Diese Kiste ist für mich Mysterium und Vermächtnis zugleich. Wie ein letztes Geschenk meines über alles geliebten Ömmelchens. Denn ich war so überwältigt von der Schönheit der Zeugnisse dieser versunkenen Welt, dass ich sie unbedingt wiederbeleben wollte.

Und so habe ich angefangen, diese Kostbarkeiten zu verwandeln. Um ihnen auf Papier oder Stoff gedruckt, wieder neues Leben einzuhauchen. Auch weil sie so spürbar mit Liebe gewidmet und gehütet wurden, entstehen meine Sachen aus diesem Geist.

Und zu Ehren meiner Großeltern nenne ich meine Erzeugnisse aus meiner kleinen Werkstatt Heimeran Manufaktur.

Hier seht Ihr Bilder von und aus der Schatzkiste: